Zielvereinbarungen mit Bonus sollen Arbeitnehmer motivieren. Sie haben aber auch die Funktion, Mitarbeiter zumindest für einen gewissen Zeitraum an das Unternehmen zu binden. Deshalb gibt es nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses oft Streit darüber, ob der Bonus noch zu zahlen ist oder nicht. Hier erfahren Sie, ob Ihnen auch nach Kündigung Ihr Bonus zusteht und wie Sie ihn durchsetzen.

Zum Autor: Rechtsanwalt Dr. Hartmut Breuer ist seit mehr als 20 Jahren Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.

Bonus nach Kündigung

1. Was sind Bonus und Zielvereinbarung?

Eine Zielvereinbarung legt konkrete Leistungsziele fest, die der Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens erreichen soll. Erfüllt er diese Ziele, bekommt er neben seinem festen Gehalt zusätzliche Bonuszahlungen.

Beispiel: Der Leiter des E-Commerce erhält ein fixes Bruttomonatsgehalt von 5.000 Euro. In einer Zielvereinbarung hat er sich mit seinem Arbeitgeber darauf geeinigt, dass er, wenn er innerhalb eines Kalenderjahres die Website-Besuche des Onlineshops um 50 % steigert, einen Bonus von weiteren 5.000 Euro erhält.

2. Anteiliger Bonus bei unterjähriger Kündigung?

Zielvereinbarungen beziehen sich in der Regel auf das Kalender- oder Geschäftsjahr. Eine Kündigung ist jedoch unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen jederzeit möglich. Es tritt also oft der Fall ein, dass das Arbeitsverhältnis schon vor Ablauf des vereinbarten Zeitraums, der für die Zielvereinbarungen gilt, endet.

Beispiel: Der Mitarbeiter aus obigem Beispiel wird mit Wirkung zum 30.06. gekündigt. Bis dahin hat er die Webseite-Besuche bereits um 25 % gesteigert. Kann er jetzt anteilig seinen Bonus verlangen?

Der Arbeitnehmer kann in solchen Fällen nach der Rechtsprechung grundsätzlich einen anteiligen Bonus verlangen („pro rata temporis“). Die Höhe bestimmt sich nach dem „hypothetischen Grad der Zielerreichung“. Zeigt die bisherige Leistung, dass der Mitarbeiter sein Ziel voraussichtlich bis zum Ende des Bonuszeitraums erreicht hätten, steht ihm der zeitanteilige Bonus zu. Je mehr Punkte er von seiner Zielvereinbarung erfüllt hat, desto höher fällt sein Bonus aus.

Zur Verdeutlichung einige Beispiele:

  • In dem obigen Beispiel hat der Mitarbeiter bis Ende Juni bereits die Website-Besuche um 25 % gesteigert, also 50 % des Ziels erreicht. Bei unterstellt gleichbleibendem Erfolg hätte er bis zum Ende des Jahres 100 % des Zieles erreicht. Er erhält deshalb 50 % des Bonus, d.h. 2.500 Euro.
  • Hat er dagegen bis zum 30.06. die Website-Besuche lediglich um 15 % gesteigert, ist davon auszugehen, dass er bis Jahresende nur eine Steigerung von 30 % bewirkt und damit sein Ziel nicht erreicht hätte. Er erhält dann keinen Bonus. Der Arbeitnehmer steht durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Bonuszahlung also nicht besser.
  • Was passiert nun, wenn er bis zum 30.06. bereits eine Steigerung der Website-Besuche von 50 % erreicht hat? Dann erhält er den gesamten Bonus. Auch wenn bei einer solchen Leistung sogar davon ausgegangen werden kann, dass er bis Jahresende die Besuche um 100 % gesteigert hätte, erhält er keinen doppelten Bonus. Denn auch hier soll der Arbeitnehmer durch die Kündigung bezüglich der Bonuszahlung nicht besser stehen. Auch wenn das Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden wäre, war ein weiterer Bonus für mehr als 50 % Steigerung nicht vereinbart.

Zielvereinbarungen richten sich nicht immer nach „harten Zahlen“, sodass Erfolge schwer messbar sind und einer Bonusauszahlung im Weg stehen könnten. Trotzdem schließen solche „weichen“ Ziele eine anteilige Bonuszahlung nicht automatisch aus. Gerade anteilige Beträge lassen sich hier oft durchsetzen.

3. Was gilt, wenn die Kündigung unwirksam ist?

Der Arbeitnehmer ist durch das Kündigungsschutzgesetz besonders geschützt. Eine Kündigung bedarf eines Kündigungsgrundes und unterliegt engen Voraussetzungen. Es ist daher gut möglich, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

Wehren Sie sich erfolgreich mit einer Klage gegen die Kündigung, ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Ihren Lohn auch für den Zeitraum nach der Kündigung zu zahlen.

Beispiel: Ihr Arbeitgeber kündigt Ihnen zum 30.08.2021. Die Kündigung ist unwirksam. Ihr Arbeitgeber hat aber bereits für die Monate September bis Oktober den Lohn nicht mehr bezahlt. Dann können Sie nachträglich die Lohnfortzahlung während der Kündigungsschutzklage verlangen.

Achtung: Sie müssen innerhalb der ersten drei Wochen nach Erhalt der Kündigung gegen diese gerichtlich vorgehen! Nach Ablauf der Frist besteht keine Möglichkeit mehr, sich gegen die Kündigung zu wehren. Ihr Arbeitsplatz ist dann endgültig verloren.

Aber was geschieht nun bei einer unwirksamen Kündigung mit noch ausstehenden Bonuszahlungen? Auch hier ist Ihr Arbeitgeber dazu verpflichtet, Ihnen zumindest anteilig Ihren Bonus zu zahlen.

Für die Höhe des Bonus wird jedoch der gesamte, dafür vereinbarte Zeitraum in den Blick genommen. Ergibt sich aus einer Prognose, dass Sie die Zielvereinbarungen ohne die Kündigung theoretisch erreicht hätten, steht Ihnen sogar der gesamte Bonus zu.

Beispiel: Im obigen Beispiel haben Sie von Ihren Jahreszielen zum 30.08.2021 bereits 75 % erreicht. Die Kündigung stellt sich nachträglich als unwirksam heraus. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen neben Ihrem Lohn ab September auch 100 % des Bonus auszahlen. Denn in den restlichen drei Monaten hätten Sie – ausgehend von der bisherigen Leistung – voraussichtlich den Bonus voll verdient. Dieser darf Ihnen nicht wegen der unwirksamen Kündigung genommen werden.

4. Sind Stichtagsklauseln wirksam?

Um zu verhindern, dass nach einer Kündigung der Bonus auszuzahlen ist, nimmt der Arbeitgeber häufig eine sog. Stichtagsklausel in den Arbeitsvertrag auf. Danach wird der Bonus nur gezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis bis zu einem bestimmten Datum besteht. Dieser Stichtag kann innerhalb sowie außerhalb des Beurteilungszeitraums liegen.

Beispiel:

  • Im Arbeitsvertrag steht, dass der Bonus für die im Jahr 2021 zu erreichenden Ziele nur gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2021 besteht.
  • Es wird vereinbart, dass der Bonus für die im Jahr 2021 zu erreichenden Ziele nur gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis sogar bis zum 31.3.2022 besteht.

Die Wirksamkeit von Stichtagsklauseln ist nach der Rechtsprechung davon abhängig, ob mit dem Bonus eine Arbeitsleistung vergütet wird oder nicht.

  • Unzulässig sind Stichtagsklauseln, wenn die Sonderzahlung zumindest auch als Gegenleistung für geleistete Arbeit zu sehen ist. Auch wenn Sie das Unternehmen vor dem Stichtag verlassen, können Sie den (anteiligen) Bonus verlangen.
  • Zulässig können sie wiederum sein, wenn die Sonderzahlung die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen soll.

Beispiele:

  • Ein Bonus für das Anwerben vieler Neukunden vergütet eine besondere Arbeitsleistung. Eine Stichtagsklausel ist deshalb unwirksam.
  • Eine von der Leistung unabhängige Jahressonderzahlung kann hingegen vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden. Weihnachtsgeld wurde früher durch solche Klauseln beschränkt. Mittlerweile beurteilt die Rechtsprechung Jahressonderzahlungen allerdings strenger und sieht auch im Weihnachtsgeld teilweise eine Bezahlung für Arbeitsleistung, die über das Jahr erbracht wurden. Bei vorzeitigem Ausscheiden muss der Arbeitgeber in diesem Fall einen gewissen Anteil zahlen.
  • Bei einer Bonuszahlung, die ausschließlich vom Unternehmenserfolg abhängt, kann eine Stichtagsklausel wirksam sein. Sie knüpft nicht an die individuelle Leistung des Arbeitnehmers an.

In bestimmten Ausnahmefällen lässt die Rechtsprechung Stichtagsklauseln auch bei leistungsorientierten Zielvereinbarungen zu. Stichtagsklauseln sind dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Arbeitnehmer im Unternehmen bleibt und dies zur Bedingung der Sonderzahlung macht. Dieser Fall könnte etwa bei Saisonarbeitern vorliegen.

Jedoch ist von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, wann genau solche Stichtagsklauseln wirksam sind. Nicht wirksam sind jedenfalls Klauseln, wonach der Bonus nur ausgezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis länger als der Beurteilungszeitraum anhält.

5. Bonus trotz Kündigung durch den Arbeitnehmer selbst?

Ob Ihnen gekündigt wird oder Sie selbst das Arbeitsverhältnis beenden, hat keine Auswirkung auf die Bonuszahlung. Eine anderslautende Vereinbarung im Arbeitsvertrag, nach der bei Kündigung durch den Arbeitnehmer selbst kein Anspruch mehr auf die Bonuszahlung besteht, ist nach der Rechtsprechung unwirksam.

6. Fazit

  • Auch im Falle einer Kündigung steht Ihnen grundsätzlich ein zeitanteiliger Bonus zu, wenn Sie die Zielvereinbarung (teilweise) erfüllt haben.
  • Stichtagsklauseln, wonach der Bonus nur gezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht, sind in der Regel unwirksam.
  • Von wem das Arbeitsverhältnis beendet wird, hat keine Auswirkung auf den Bonus. Auch wenn Sie selbst kündigen, können Sie in der Regel anteilig den Bonus verlangen.
  • Wir können Ihren Bonus nach Kündigung in der Regel außergerichtlich durchsetzen. Bei Scheitern dieser Verhandlung sollten Sie klagen.